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Im Gespräch mit Otto Raimitz

18.09.2020

Otto Raimitz ist das, was man gemeinhin als »Vollblutgastronom« bezeichnet. In seinen Lokalen merkt man, dass er sein Herzblut investiert hat, um seinen Kunden ein modernes und doch traditionelles Gastronomieerlebnis zu bieten.

„Man braucht Kreativität in der Gastronomie“

Otto Raimitz ist das, was man gemeinhin als „Vollblutgastronom“ bezeichnet. In diesem herausfordernden Corona-Jahr schafft er es sogar, sein mittlerweile viertes Lokal zu eröffnen: In der Kremser Fußgängerzone kann man sich ab Mitte November im Markt.Spiel kulinarisch verwöhnen lassen. Wie er es schafft, gegen den Strom zu schwimmen und worauf es seiner Meinung nach in der Gastronomie ankommt, erzählt er im Pago-Interview.

Mitten in der Innenstadt von St. Pölten findet man das Schau.Spiel, in dem schon früh am Morgen reges Treiben herrscht. Man merkt, dass Otto Raimitz, der seine Betriebe in Niederösterreich regelmäßig besucht und für seine Mitarbeiter immer erreichbar ist, hier seine Leidenschaft, Kreativität, ja, sein Herzblut investiert hat, um seinen Kunden ein modernes und doch traditionelles Gastronomieerlebnis zu bieten.

Herr Raimitz, Ihnen wurde die Gastronomie quasi in die Wiege gelegt, und obwohl Ihr Lebensweg in diese Richtung nicht zwingend vorgezeichnet war, sind Sie dabei geblieben. Würden Sie Ihren eigenen Kindern raten, in die Gastronomie zu gehen?
Mein Ur-Ur-Großvater hat schon 1820 eine Café-Konditorei in Krems positioniert. Es war nie zwingend für mich, aber wenn man mit sieben Jahren schon mit einem Kochlöffel und einer Kochhaube fotografiert wird, liegt es nahe, dass man dabei bleibt. Meinen Kindern würde ich empfehlen, die Matura zu absolvieren, damit sie studieren können, wenn sie das wollen. Ich glaube, dass der Weg in die Gastronomie ein sehr, sehr guter ist. Es gibt auf der ganzen Welt und auch in Österreich tolle Jobs in der Gastronomie. Unsere Betriebe sind immerhin 15 Jahre alt und wir konnten in dieser Zeit gastronomisch einiges auf die Beine stellen.

 

Die Wirtschaftskammer Niederösterreich beklagte kürzlich, dass jeden Monat vier Gasthäuser schließen, Sie hingegen eröffnen quasi einen Betrieb nach dem anderem. Nach dem Schau.Spiel 2017 folgt heuer das Markt.Spiel – wie schaffen Sie es, hier gegen den Strom zu schwimmen?
Wir sind am Puls der Zeit. Wir geben den Leuten eine Wohnzimmer-Atmosphäre mit verschiedensten Gastronomie-Säulen. Leute, die heute zu uns kommen, erleben ein so genanntes Change-Konzept, das vom Frühstück über Mittagessen über Nachmittags-Kaffee mit unseren Mehlspeisen bis zum Abendessen à la carte reicht. Unsere Kunden könnten vier Mal am Tag zu uns kommen und finden immer wieder verschiedene gastronomische Angebote. Mit dieser Abwechslung heben wir uns ab und das Gespür dafür muss man mit langer Erfahrung und viel Feingefühl erlernen.

 

Worin sehen Sie die größten Herausforderungen in der Gastronomie in diesem Jahr und in den nächsten fünf Jahren?
Die größte Herausforderung momentan ist natürlich Corona, das unsere Regierung zum Glück gut eingefangen hat. Für die Gastronomie wurde ein sensationell gutes Paket geschnürt. Unsere Betriebe laufen wieder auf Vorjahreskurs, somit hilft uns die Mehrwertsteuersenkung wirklich. Wir machen irrsinnig viel für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter, die immer freiwillig Masken tragen wollten. Eine der größten Herausforderungen bis Jahresende, oder bis es einen Impfstoff geben wird, ist, nicht in einen Corona-Cluster zu kommen und wieder schließen zu müssen.

 

Wie beurteilen Sie die erste Zeit nach der Wiedereröffnung der Gastronomie? Was machen Sie, damit die Gäste nach Wiedereröffnung der Gastronomie wieder in Ihre Lokale zurückkehren?
Wir haben unsere Social-Media-Kanäle und Kontakte genützt, um die Leute bei uns auf einen Kaffee einzuladen – mit einem irrsinnig flauen Gefühl im Magen. Im Wellen.Spiel in Krems an der Donau haben wir einen riesengroßen Freibereich, da waren wir als Erstes voll. Da gab es gar kein Problem, denn wir haben ungefähr 250 Sitzplätze in unserem Gastgarten und mussten auch nicht reduzieren, weil dort genug Platz ist. Genauso im Genuss.Spiel im Mariandl, obwohl ich gedacht habe, dass es hier am längsten dauern wird, weil alles indoor ist. Im Schau.Spiel in St. Pölten, wo es auch einen großen Gastgarten gibt – der Bürgermeister hat allen bis Jahresende die Gastgartenflächen gratis zur Verfügung gestellt –, hat es am längsten gedauert, wahrscheinlich, weil das Lokal mitten in der Innenstadt ist. Aber plötzlich ging es „Wupp!“ und nach 14 Tagen war das Geschäft genauso da wie bei allen anderen.
 

Nach ihren Betrieben in Krems und St. Pölten möchten Sie ja bald ein viertes „Spielhaus“ in Krems eröffnen. Gibt es weitere Expansionsgedanken und wenn ja, in welche Richtung soll es gehen?
Die Expansion mit unserem neuen Markt.Spiel ist auf Schiene. Wir haben keinen Zeitverlust durch die Corona-Maßnahmen und werden dieses neue Lokal Mitte November in Krems in der Fußgängerzone eröffnen. Ich weiß natürlich nicht, was im Herbst auf uns alle zukommen wird. Aber wir ziehen das durch. Wenn wir heute nicht öffnen können, dann werden wir eben später öffnen. Ich glaube nicht, dass es österreichweit noch einmal zu einem Shutdown kommen wird, weil wir inzwischen alle gelernt haben, mit dem Virus umzugehen. Mir geht es vielmehr darum, dass dann dort vielleicht ein Cluster ist, das kann man natürlich nie wissen. Aber mein Plan ist es, dieses Lokal am 15. November mit vollster Coronakraft zu eröffnen.

 

Viele Ihrer Häuser tragen das Wort „Spiel“ im Namen. Was hat es damit auf sich und möchten Sie das weiterhin beibehalten?
Wenn ich meine Lokale neu eröffne, dann finden Sie mich dort auf den Plätzen und ich beobachte alles, was passiert. Ich spüre die Kraft des Platzes. Und vom Wellen.Spiel sieht man diese wunderbare Wachau hinauf. Als ich hinaufgeschaut habe, hat die ganze Donau geglänzt, weil die Sonne auf das Wasser geschienen hat. Die Wellen haben in der Sonne gespielt und ich dachte: „Wellen.Spiel“. Das war das erste Spiel von mir und beim zweiten, dem Genuss.Spiel, habe ich gesehen, dass das mit dem Spiel wunderbar funktioniert. Dann waren wir schon eine kleine Marke. In St. Pölten ist das Schau.Spiel dazu gekommen, und jetzt in Krems ist der Platz, wo das neue Lokal hinkommt, der tägliche Markt, darum wird es Markt.Spiel heißen.

Sie sind auch im Verein Wirte3100 engagiert, der sich für die Positionierung der Gastronomie starkmacht. Wie beurteilen Sie die bisherige Entwicklung?
In St. Pölten gibt es die Plattform 2020, in die der Verein eingegliedert worden ist. Ich sitze im Vorstand des Vereins und unter anderem war es Aufgabe des Vorstands, diesem Verein neuen Glanz zu verleihen. Und ich muss sagen, mit der Wirtschaftsplattform ist das hervorragend gelöst. Das ist eine Marketing-Wirtschaftsabteilung, die sich in verschiedenen Gebieten positioniert, darum gibt es auch diesen Antrieb in St. Pölten, weil jeder an einem Strang zieht. Vor Corona war die Gastronomie wirtschaftstechnisch und auch vom Ansehen her auf einem Tiefstand. Die Leute haben sich fast schon geniert, in der Gastronomie zu arbeiten. Dann kam Corona und der Shutdown für zwei Monate. Irgendwann hat der Handel aufgesperrt, aber die Städte waren leer. Ich bin in Wien am Graben gegangen – die Gastronomie hatte noch nicht offen – und alles war leer. In Krems war alles leer, in St. Pölten war alles leer. Endlich durfte dann die Gastro aufsperren und ich bin draufgekommen, dass wir Gastronomen die Seele der Städte sind. Das hat der Gastro einen irrsinnigen Schub nach vorne gebracht. Nicht nur einen wirtschaftlichen Impuls, sondern die Menschen haben verstanden, wie wichtig die Gastronomie- und Hotellerie-Branche für die Marke Österreich und für die Wirtschaft ist. Und wie wichtig die Gastronomie ist, damit die Menschen runterkommen und dem Alltag entfliehen können.

 

Sie haben zwei Kinder, die – wie Sie selbst auch – kickboxen. Welche Lehren aus dem Sport können Sie in Ihren Alltag als Gastronom mitnehmen?
Ich mache das Training, aber mit dem Kampf habe ich vor ungefähr fünf Jahren aufgehört. Das Training ist sehr gut, man lernt dadurch einzustecken. Jeden Tag einzustecken und immer die Deckung aufrecht zu halten, das ist das Entscheidende. Man muss auf sich Rücksicht nehmen, vom Alltag herunterkommen, Sport betreiben, den Kopf und den Körper mit Sauerstoff anreichern, damit man fit und kreativ bleibt. Das ist eigentlich das Wichtigste, denn Kreativität in der Gastronomie braucht man.

 

Man bekommt den Eindruck, dass Sie rund um die Uhr im Einsatz sind: bei der Arbeit, als Sponsor von Sportveranstaltungen, in der Region … Wie wichtig sind Ihnen Auszeiten und wo bzw. wie nehmen Sie sich diese?
Diese Auszeiten sind ganz wichtig und ich verbringe sie meistens in Österreich, zum Beispiel am Fuschlsee. Dort laufe ich im Wald, bin auf den Bergen, am Wasser – da komme ich am besten herunter.

 

Sie lassen sich auch im Ausland von Innovationen inspirieren, setzen selbst immer wieder neue Gastro-Konzepte um. Gibt es Dinge, bei denen Sie bewusst auf Tradition setzen und wenn ja, welche und warum?
Tradition ist gut, aber Tradition zu modernisieren, ist die kreative Kunst. Das gelingt mir sehr gut, denn ich komme aus einer traditionellen Familie und heute haben wir moderne Gastronomiebetriebe, in denen die Mehlspeisvitrine genauso den Stellenwert wie damals hat. Als Erstes, wenn ich einen Betrieb plane, zeichne ich eine Mehlspeisvitrine ein und dann kommt alles andere rundherum. Die Mehlspeise ist der Ursprung, die Tradition und die Ausstattung und Farben, das ist die Moderne. In Wahrheit reduziert es sich immer auf traditionelle Gastronomie, die wir modernisieren, um zu unserem Erfolg zu kommen.

 

Sie haben einmal gesagt, dass alle Ihre Lokale eigenständig funktionieren müssen, Ihre wichtigsten Mitarbeiter sind an ihnen beteiligt. Wie sehr bringen Sie sich noch in das Tagesgeschäft ein?
In der Corona-Zeit habe ich zu Hause eines gelernt: ich kann nicht in Pension gehen. Für mich ist jetzt vollkommen klar, dass ich in meinen Betrieben der Motor bin. Natürlich gemeinsam mit meinen Mitarbeitern, die daran beteiligt sind, aber sie brauchen mich noch. Man muss anwesend sein und kann nicht sagen, dass man jetzt nur noch für Notfälle da ist. Das will ich auch gar nicht.

 

Worauf legen Sie besonderen Wert, wenn Sie Partner oder Lieferanten für Ihre Gastronomiebetriebe wie beispielsweise PAGO auswählen?
Mir sind die Personen besonders wichtig. Ich kenne den Herrn von PAGO zum Beispiel schon seit sehr vielen Jahren. Da hatte ich noch ein kleines Kaffeehaus, und sie sind schon mit Pago-Box und drei Pagos anmarschiert, ich glaube, es war Johannisbeere, Marille und Pfirsich. Ich muss dazu sagen, dass PAGO mich auch in meiner Kindheit bei meinen Großeltern in der Wachau interessiert hat. Ich könnte mir nicht vorstellen, kein PAGO-Produkt in meinen Betrieben zu haben. Das wäre, als hätte ich kein Schnitzel auf meiner Karte. Aber: Schnitzel gibt’s bei mir nur vom Kalb und so, wie sie gehören. Und bei mir gibt‘s Fruchtsäfte, so wie sie gehören, und darum biete ich PAGO an.

 

Das Motto von PAGO lautet „Liebe das Leben“ und rückt Momente, in denen man das Leben intensiv spürt und genießt in den Fokus. Wann erleben Sie besonders intensive Momente und können das Leben in vollen Zügen genießen?
Wenn ich auf meinen Start als Unternehmer zurückblicke, war es nicht immer einfach und ein steiniger Weg. Existenzielle Ängste plagen einen im Hintergrund. Man hat Schulden und überlegt sich, ob und wie man alles zurückzahlen wird. Aber: Wenn ich heute in meine Betriebe komme – und ich fahre regelmäßig meine Betriebe ab – sehe ich, dass es überall gesteckt voll ist, die Leute genießen das Produkt und sie wollen es sich leisten! Das sind die Momente, die ich genießen kann. Zumindest kurzfristig, denn fünf Minuten später läutet das Telefon und der Alltag hat mich wieder. Aber das sind die Momente, in denen ich das Leben spüre. Die Betriebe sind die Kraft, die mir mein Leben gibt.

 

Welches ist Ihr Lieblings-PAGO?
Das Marillen-PAGO – und zwar mit Abstand! Erstens habe ich es schon in meiner Kindheit getrunken, zweitens ist Marille und Wachau wie Wachau und Grüner Veltliner, das gehört einfach zusammen. Ich liebe PAGO-Marille, weil es ein Fruchtsaft ist, der auch nach Marille schmeckt. Ich glaube auch, dass diese wunderbar traditionelle Flasche immer schon so ausgeschaut hat. Ich weiß es nicht, aber in meiner Erinnerung ist das PAGO Marille immer schon so gewesen.

 

Wie sieht Ihr perfekter Tag aus?
Wenn mein Telefon einmal nicht läutet (lacht). Ich versuche, jeden Tag zu einem perfekten Tag zu machen. Und dabei auch auf mich zu achten, nicht nur auf das Geschäft. Man muss sich bewusst machen, dass man gesund ist, und dass es nicht ein Porsche oder eine Rolex sein muss, sondern ganz normale Dinge im Leben viel essenzieller und wichtiger sind. Wenn ich das wieder in meinem Kopf habe, dann ist es am Abend meistens ein perfekter Tag.

 

Was würden Sie aus heutiger Sicht Ihrem 20-jährigen Ich raten?
Es wieder genauso zu machen.